Einen Stil Art Déco hat es nie gegeben. Die Bezeichnung entstand erst spät, nämlich mit der Ausstellung „Les Années 25“ im Pariser Museum für dekorative Kunst, 1966. Seit jener Ausstellung von 1966 ist es üblich geworden, alle möglichen Dinge aus der Zeit zwischen den Kriegen, etwa von 1920 bis 1940, „Art Déco“ zu nennen.
Zurückzuführen ist der Name wohl auf die Weltausstellung „Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes“ in Paris, 1925. Der Firmenname „Art Déco 1925“, den Uwe Marbs im Jahr 1989 bei der Gründung seines Antiquitätenhandels wählte ist also durchaus als Hommage an diese Ausstellung zu verstehen.
Der Begriff „Art Déco“ findet jedoch nicht nur in der dekorativen Kunst Anwendung, er beschreibt auch den Zeitgeist dieser beiden Jahrzehnte.
„Will man eine Zeit beschreiben,
so ist nicht so wichtig, was überlebte,
als was am stärksten in ihr lebte“
(Ludwig Marcuse, dt. Philosoph und Schriftsteller, 1894-1971)
Der große Krieg veränderte die Welt. Die kurzen 20 Jahre nach dem ersten Weltkrieg waren geprägt von der Sehnsucht zu vergessen, geprägt von Träumen und Visionen – nicht von der Wirklichkeit.
„Für den, der damals jung war, erstrahlte sie in goldenem Glanz.
Wer alt war, konnte nur … voller Melancholie zusehen,
wie eine Welt, die der geliebt hatte, zerfiel.
Für die Nachfahren wird das Bild immer überschattet sein
vom Wissen um das, was folgte“
(Peter Bamm, dt. Journalist und Schriftsteller, 1897-1975)
Eine Ära, die wir heute als die „wilden Zwanziger“ kennen, nahm ihren Anfang, mit der Vorliebe für schnörkellose Präzision, für kühle und diskrete Farben, für harten, metallischen Glanz und für elegant gezogene Konturen. Jene Epoche zeichnete sich gleichsam durch ideologisch bedingte Scharfkantigkeit, Prägnanz, Helligkeit, Transparenz, Materialsensibilität und Überschaubarkeit sowie durch ihre Sachlichkeit aus. In Kunsthandwerk und Malerei, Interieur, Plastik und Architektur fühlte man sich in der edlen Linie und der dekorativen Form ebenso verpflichtet wie dem schönen, wertvollen Material, wie Elfenbein und seltenen Tropenhölzern. Beeinflusst vom Kubismus und Expressionismus spannt sich der Bogen des Art Déco von Lackmöbeln diverser namhafter Künstler, wie Jacques-Émile Ruhlmann, Jules Leleu und Dominique, über kostbare Gläser von Sabino, Etling und Charles Schneider, detailverliebten Plastiken von Demetre Chiparus, Ferdinand Preiss und Joé Descomps, sowie Schmuck von René Lalique, bis hin zu den erotisch verzauberten Gemälden von Louis Icart. Und wenn, wie man sagt, eine einzige Tonscherbe Auskunft über eine ganze versunkene Kultur zu geben vermag – wieviel mehr sagt dann erst ein verchromter oktagonaler Königslüster von Petitot über nur zwei Jahrzehnte!
Art Déco gilt zu Recht als die aufregendste Epoche in der Kunstgeschichte des vergangenen Jahrhunderts, die uns – von der Technik bis zur Moral – Maßgebliches hinterlassen hat. Die Kunst jener Jahre erfreut sich gerade in unseren Tagen zunehmender Beliebtheit. Demnach muss es Parallelen geben, zwischen damals und heute. Gedanken, Formen und Klänge scheinen neue Bedeutung zu bekommen und auf veränderte Weise wieder brauchbar zu werden. Art Déco verbindet auf faszinierende Weise die Geschichte mit der Moderne und wird uns wohl auch in Zukunft noch in ihren Bann ziehen.
Quellen:
- ART DECO 1920-1940, von Paul Menz,
3. Auflage von 1984 erschienen im DuMont Buchverlag, Köln - ART DECO, von Albrecht Bangert / Gabriele Fahr-Becker,
erschienen 1992 im Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München - Wikipedia